Mythos: Krank vor dem Urlaub


Erstaunlich wie sich manchmal auch die blödsinnigsten Gerüchte über Jahre halten.

Dies ist sicher eines davon und das werden die meisten auch schon einmal gehört oder sogar erlebt haben. 

Überlegen Sie mal genau. Haben Sie selbst oder eine Kollegin sich schon mal mit Fieber und Gliederschmerzen zur Arbeit geschleppt, weil Sie am nächsten Tag in ihren wohlverdienten Urlaub wollte?

Also um was geht es? Seit Jahren hält sich das Gerücht, dass man mindesten einen Tag arbeiten muss bevor man nach seiner Krankschreibung in den Urlaub gehen kann.
Zugegeben, dieses Problem betrifft nicht nur die Pflege, aber dort hält sich dieses Gerücht erstaunlich hartnäckig. Aber welche Gründe könnte das haben?

Zum Einen sind viele Leitungskräfte schon in diesem Thema entsprechend geimpft worden, als sie selbst noch nichts zu sagen hatten.  

Zum Anderen ist es auch einfach ganz praktisch, wenn  der Mitarbeiter bis Freitag krankgeschrieben ist und am Montag nach seinem freien Wochenende in den genehmigten Urlaub geht, ihm zu erklären „Ja wenn Sie am Montag in den Urlaub gehen wollen, müssen Sie am Wochenende aber noch einspringen, weil Sie ja bis Freitag krank waren.“
Dazu gibt als erstes schon mal zusagen aus rechtlicher Sicht, ist Krank = Krank und genehmigter Urlaub = genehmigter Urlaub und es gibt keinerlei rechtliche Grundlage dafür, dass der Mitarbeiter vor seinem Urlaub noch einmal arbeiten kommen muss. Genauer gesagt der Arbeitgeber darf dies gar nicht verlangen. 

Aber es gibt noch ein weiteres rechtliches Problem. Eine Änderung im Dienstplan, was ein Einspringen am Wochenende ja wäre, muss dem Mitarbeiter 4 Werktage vor Beginn des Dienstes mitgeteilt werden.

Ach und wo wir schon bei rechtlichen Aspekten sind. Der Arbeitgeber hat gegenüber seinem Arbeitnehmer auch eine Führsorgepflicht. Soll heißen, einen Mitarbeiter, welcher krankgeschrieben war und es eventuell noch ist, darf der Arbeitgeber nicht arbeiten lassen. 

So damit ist eigentlich schon alles klar, aber es gibt auch noch moralische Aspekte. Weil indirekt unterstellen sie ihrem Mitarbeiter damit nur zu simulieren und das ist eine Schweinerrei und sie sollten mal überlegen ob sie als Leitungskraft so geeignet sind. Aber nicht nur die Leitungskräfte üben in diesem Fall Druck aus. Dieser kommt nämlich durchaus auch aus dem Team mit Sätzen wie „schau mal, der wieder, meldet sich vor dem Urlaub krank“. Hier gibt es offensichtlich ein Problem im Team, über das dringend mal geredet werden sollte. 

Meine Tipps für den Betroffenen, überlegen Sie sich gut ob sie wirklich schon gesund sind. Denn oft lautet die Kommunikation beim Arzt wie folgt: „Nein sie brauchen mich nicht bis nächste Woche krankschreiben, am Wochenende habe ich Frei und dann Urlaub.“ Wenn der Arzt es für notwendig hält Sie länger Krank zu schreiben, um Gotteswillen seien sie nicht so dumm und überreden den Arzt zu etwas Anderem. Der Urlaub ist zur Erholung da und nicht zum gesundwerden. Sie können und sollten sich auch im Urlaub krankschreiben lassen, wenn der Arzt dies für notwendig hält. Und haben Sie bitte kein schlechtes Gewissen, es ist im Interesse des Unternehmens, des Teams und der zu betreuenden Menschen, wenn Sie nur gesund arbeiten.

Übrigens in dem Fall müssen Sie sich rechtlich gesehen nicht einmal gesund melden. Wenn ihr Arbeitgeber in der Lage ist zu lesen, sieht er auf der AU wie lange Sie krank sind, auf dem Dienstplan wann Sie Frei haben und wenn er ihnen den Urlaub genehmigt hat, sollte ihm hoffentlich auch dies noch in Erinnerung sein.

Mein Tipp für Leitungskräfte, behalten Sie Ruhe. Mitarbeiter unter Druck zu setzen ist in der Regel der falsche Weg um Ruhe in Ihr Unternehmen zu bringen. Davon mal abgesehen, dass Sie sich mal überlegen sollten, warum ein Einspringen in dieser Situation überhaupt notwendig ist. Könnte das eventuell daran liegen, dass sie vergessen haben eventuelle Ausfallzeiten mit zu planen. Stichwort „Brutto-Netto-Arbeitszeit“. Sie allein sind verantwortlich dafür, dass ausreichend Personal vorhanden und geplant ist und dies können und dürfen Sie nicht auf Ihre Mitarbeiter abwälzen. Außerdem denken Sie bitte daran, den Krankenstand verringern Sie nur, wenn Sie den Mitarbeitern Erholung gönnen.

© Heiko Pietsch

Kommentare