Habe Sie auch schon mal gehört,
dass Sie bei der Geburt des eigenen Kindes oder bei einer Beerdigung bezahlten
Sonderurlaub bekommen?
Das ist mal wieder eines dieser
Themen bei dem der Gesetzgeber alle Regeln dazu so offen formuliert hat, dass
es hier mannigfaltige Interpretationsmöglichkeiten gibt. Aber zumindest gibt
allgemein anerkannte Regeln.
Fangen wir mal am Anfang an. Was
ist eigentlich Sonderurlaub?
Unter Sonderurlaub ist zunächst
die unbezahlte
Freistellung von der Arbeitspflicht zu verstehen. Außerdem ist
es nicht möglich sich selbst zu beurlauben. Der Arbeitgeber muss Sonderurlaub
ausdrücklich genehmigen. Aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen
kann allerdings für den Arbeitgeber eine Genehmigungspflicht hervorgehen.
Sonderurlaub darf auch nicht mit dem vertraglich vereinbarten Urlaub verrechnet
werden.
Sonderurlaub ist kein Merkmal
eines besonders netten Arbeitgebers, denn es gibt auch gesetzlichen Anspruch
auf bezahlten Sonderurlaub. Die
Formulierung ist allerdings wie oben erwähnt nicht sehr klar.
„für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in
seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung
verhindert wird“
Was bedeutet das in der Praxis?
- Der Sonderurlaub darf nicht unverhältnismäßig lang sein. Beispiel: Bei einer Beerdigung dürfen Sie nicht 2 Wochen Trauerzeit auf Kosten des Arbeitgebers nehmen
- Es muss den Arbeitnehmer persönlich betreffen. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Bei dem Verstorbenen darf es sich nicht um den Großonkel 2. Grades handeln.
- Die Situation darf nicht selbst verschuldet sein. Darunter fällt allerdings nicht der Verkehrsstau am Morgen.
Zusätzlich gilt, dass der
Arbeitnehmer die Pflicht hat, zu versuchen, den Arbeitsausfall zu vermeiden.
Aber wann habe ich nun Anspruch
auf Sonderurlaub?
Leider gibt der Gesetzgeber dazu keine
klaren Beispiele, aber es gibt allgemein anerkannte Gründe für Sonderurlaub, welche
u.a. im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes niedergeschrieben sind. Dabei
handelt es sich um folgende Gründe für Sonderurlaub:
- Niederkunft (1 Arbeitstag): Die Geburt eines Kindes, der Ehefrau oder der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
- Tod eines nahen Familienangehörigen (zwei Arbeitstage): Dazu zählt beispielsweise der Ehepartner, Eltern und Kinder.
- Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund (1 Arbeitstag)
- 25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum (1 Arbeitstag)
- Eine schwere Erkrankung eines Angehörigen, der im gleichen Haushalt wohnt (1 Arbeitstag)
- Eine schwere Erkrankung eines Kindes (4 Arbeitstage): Dies gilt bei Kindern die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Jedoch nur, wenn kein Anspruch auf Freistellung und Krankengeld gemäß § 45 Fünftes Sozialgesetzbuch vorliegt. (Bei einem Kind gibt es 10 Tage Krankengeld, bei mehr Kindern werden 25 Tage gewährt. Für alleinerziehende Eltern werden die Tage jeweils verdoppelt, also 20 Tage für ein Kind und 50 Tage bei mehreren Kindern.)
- Ärztliche Behandlungen, die nicht auf einen Termin außerhalb der Arbeitszeit gelegt werden können.
- Sonstige Gründe (bis zu 3 Arbeitstage): Der Arbeitgeber kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts [...] bis zu drei Arbeitstagen gewähren. So wird auch für die eigene Hochzeit oder die Eheschließung eines nahen Angehörigen Sonderurlaubes gewährt.
Außerdem kann
ein Beschäftigter unter bestimmten Voraussetzungen für bis zu zehn Tage
Sonderurlaub verlangen, um sich um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu
kümmern.
Bezahlte Freistellung kann ein Arbeitnehmer auch dann verlangen, wenn er in eigener Sache vor Gericht muss und sein persönliches Erscheinen angeordnet wurde. Gleiches gilt, wenn er als Zeuge aussagen soll. Allerdings entfällt ein Anspruch auf Lohn, wenn er eine Zeugenentschädigung erhält.
Zu guter Letzt gibt es auch noch einen Anspruch auf bezahlte Freistellung bei einer Kündigung, um bei der Arbeitsagentur vorstellig zu werden, Bewerbungen zu schreiben oder Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Gleiches gilt, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft.
Bezahlte Freistellung kann ein Arbeitnehmer auch dann verlangen, wenn er in eigener Sache vor Gericht muss und sein persönliches Erscheinen angeordnet wurde. Gleiches gilt, wenn er als Zeuge aussagen soll. Allerdings entfällt ein Anspruch auf Lohn, wenn er eine Zeugenentschädigung erhält.
Zu guter Letzt gibt es auch noch einen Anspruch auf bezahlte Freistellung bei einer Kündigung, um bei der Arbeitsagentur vorstellig zu werden, Bewerbungen zu schreiben oder Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Gleiches gilt, wenn ein befristeter Arbeitsvertrag ausläuft.
So ich weiß, Gesetze sind immer trocknes Themen, aber ich hoffe,
dass es dem Einem oder Andern trotzdem weitergeholfen hat.
©
Heiko Pietsch
Quellen:
- LAG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 23.06.2010, Az.: 5 Sa 340/09 (ärztliche Behandlung)
- § 29 Absatz 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst:
- § 616 BGB (Bezahlte Freistellung)
- BAG, Urteil v. 06.05.2014, Az.: 9 AZR 678/12 (keine Verrechnung mit Urlaubsanspruch)
- § 2 des Pflegezeitgesetzes (Zu pflegende Angehörige)
- LAG Hamm, Urteil v. 02.12.2009, Az.: 5 Sa 710/09 (Freistellung bei Gericht)
- BAG, Urteil v. 13.12.2001, Az.: 6 AZR 30/01 (Freistellung als Zeuge)
- § 629 BGB (Freistellung bei Kündigung)
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