Ambulante Pflege - Alles nur Betrüger!



Ja, für alle die es noch nicht mitbekommen haben, neben dem Pflegestärkungsgesetz 2 und der damit verbundenen Einführung der Pflegegrade, ist heimlich still und leise auch das Pflegestärkungsgesetz 3 (PSG 3) in Kraft getreten. Im ersten Moment fühlt man sich vielleicht auch davon nicht so betroffen. Es geht um Sicherstellung der Pflege und Beratung durch die Kommunen, Anpassungen in der Hilfe zur Pflege und um die Bekämpfung von Abrechnungsbetrug.

Doch gerade in dem zuletzt genannten liegt ganz schön Feuer. Bekämpfung von Abrechnungsbetrug, klingt erst einmal ganz vernünftig, aber was bedeutet das?

Fangen wir erstmal am Anfang an. Mit den Veränderungen in den letzten Jahren, beginnend mit der Einführung der Pflegeversicherung, wurde immer das Ziel ausgegeben die ambulante Pflege zu stärken. Nun muss man wissen, dass die ambulante Pflege aus vielen Bereichen besteht. Ein großer Bereich ist die Häuslichen Krankenpflege (SGB V), damit ist hauptsächlich die Behandlungspflege gemeint. Natürlich wird auch hier betrogen, aber es ist schwieriger, da die Leistungen auf Basis eine ärztliche Verordnung und der Genehmigung durch die Krankenkasse abgerechnet werden. Der Zweite große Bereich ist die Pflege nach SGB XI. Diese wird auf Basis der Pflegegrade und individueller Vereinbarungen zwischen Pflegedienst und Patient abgerechnet. Hier sind die Betrugsmöglichkeiten mannigfaltig.   

Aber warum ist das so? Mit der Idee möglichst individuell zu pflegen und genauso so individuell abrechnen zu können, ist die Abrechnung in diesem Bereich extrem komplex geworden und wird praktisch ständig komplexer. Dies führt auch dazu, dass selbst die Pflegekassen bei den ganzen Regelungen und Ausnahmen nicht mehr wirklich durchblicken. Soll heißen, zum einen ist es einfach hier zu betrügen und zum anderen wird ständig Leuten Betrug unterstellt, weil irgendwer mal wieder eine Ausnahme nicht kannte. 

So aber was hat das nun alles mit dem PSG 3 zu tun? Ganz einfach! Statt dieses Problem zu lösen in dem das ganzen System vereinfacht wird, werden einfach alle Pflegedienste einmal unter Generalverdacht gestellt. Aber damit nicht genug. Nicht nur, dass Pflegedienste jetzt neben den ganzen anderen Prüfungen jetzt auch noch stetig mit einer unangekündigten Rechnungsprüfung rechnen müssen. Nein, es wurde mit dem MDK auch noch eine Instanz damit beauftragt, die bis vor kurzem selbst keinerlei Ahnung von der Materie hatte. Mal ganz davon abgesehen, dass er für diese Aufgabe auch keine Ressourcen hat. 

Ja, es gehen dem System Pflege jährlichen Millionen Euros durch Abrechnungsbetrug verloren, aber die Türen dafür wurden auch weit geöffnet und schließen sich sicher nicht in dem jeder zum potenziellen Verbrecher erklärt wird. Da kann man nur hoffen, dass der MDK die richtigen Prioritäten setzt und nicht Begutachtungsbesuche hintenanstellt, um verdachtslos Pflegedienste von der Arbeit abzuhalten.

© Heiko Pietsch

Kommentare

  1. Streng nach den Vorgaben, damit der MDK und die ihn beauftragenden Kassen zufrieden sind. Als erstes muss zwischen Abrechnungsfehlern und Abrechnungsbetrug unterschieden werden. Uns ist ein blöder Fehler unterlaufen. In der Planung wurden zwei Einsätze, für die normalerweise zwei unterschiedlich qualifizierte Personen in unterschiedlichen Touen vorgesehen sind in einer Tour verplant mit der Folge, dass zwei volle Hausbesuchspauschalen abgerechnet wurden statt zwei halbe. Asche auf mein Haupt. Wir müssen jetzt aus den letzten 12 Monaten über 60 000 Hausbesuche überprüfen, ob in anderen Fällen dies auch passiert ist. Wie sieht es mit vorsätzlichen Manipulationen aus. Auch hier bin ich geständig, dass wir in der Vergangenheit schon geschummelt haben. Ein Klient wollte nur 3 x in der Woche rasiert werden. Nun findet sich die Rasur lediglich bei der großen Toilette. Dafür fallen über 20 Euro an. Statt dessen haben wir eine Leistungskomplex mit niedrigerem Preis berechnet. Das ist eine vorsätzliche Manipulation, welche uns angerechnet werden kann. Ich bin mir sicher, dass bei genügend krimineller Energie Betrug weiterhin stattfindet. Der Generalverdacht kostet Geld und kann letztlich den Versicherten zum Nachteil gereichen (siehe Beispiel oben).
    Nur nebenbei angemerkt: Der Rauswurf des früheren MDK-Chefs von Rheinland-Pfalz hat den MDK und damit die Kassen schon fast einen siebenstelligen Betrag gekostet. Ein duzen Prozesse haben die Kostenträger verloren. Da muss man ja bei den Pflegediensten, welche ja generell betrügen die Kosten wieder reinholen.

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